Am 2. Juni 2023 fand im Berghotel Tulbingerkogel von 10:00 bis 18:00 Uhr der Workshop zum Thema Rechtsvergleichung statt. Univ.-Prof. Dr. Martin Schauer und Univ.-Prof. Dr. Astrid Deixler-Hübner luden im Rahmen ihres Projektes führende Fachvertreter/innen aus verschiedenen europäischen Staaten zu einem Austausch über die für den dauerhaften Bestand von Familienunternehmen wesentlichen Rechtsfragen ein
Den Beginn machte Prof. Dr. Julien Dubarry, Professor für Zivilrecht und angewandte Rechtsvergleichung an der Universität des Saarlandes, welcher sich Frankreich widmete. Im Familienrecht wurden die Vor- und Nachteile der ehelichen Güterstände erläutert: Der gesetzliche Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft sei der Praxis am häufigsten anzutreffen. Im Anschluss gab Prof. Dubarry Einblicke in das Pflichtteilsrecht, die Treuhand und Stiftungen.
Als nächstes sprach Univ.-Prof. Dr. Francesco A. Schurr, Institutsleiter des Instituts für italienisches Recht an der Universität Innsbruck. In Italien haben, ähnlich wie in Österreich, Familienunternehmen eine überragende Bedeutung. Ihr Anteil beläuft sich auf rund 70 Prozent aller Unternehmen. Wichtige Aspekte des Vortrages waren unter anderem die Änderung des gesetzlichen Güterstandes 1975 von der Gütertrennung zur Gütergemeinschaft, das Pflichtteilsrecht, welches als echtes Noterbrecht ausgestaltet ist, oder das Verbot von Ehe- und Erbverträgen, das der österreichischen Rechtsordnung fremd ist. Im Anschluss ging es um Stiftungen, Trusts und Gesellschaftsrecht.
RA Ass.-Prof. Dr. Błażej Bugajski von der Wirtschaftsuniversität Krakau referierte über die polnische Privatrechtsordnung. Auch bei seiner Präsentation standen das Familienrecht, konkret die Güterstände, und das Erbrecht im Mittelpunkt. Weitere Themen waren das neue polnische Gesetz über Familienstiftungen sowie das Arbeits- und Steuerrecht.
Prof. JUDr. Kateřina Ronovská, Ph.D., Institutsleiterin des Instituts für Zivilrecht an der Masaryk-Universität in Brünn, gewährte als vorletzte Rednerin Einblicke in das Recht der Tschechischen Republik. 2014 kam es zur Rekodifikation des Privatrechts, wodurch die Privatautonomie gestärkt wurde; hierbei diente unter anderem Österreich als Vorbild. Relevante Punkte waren zum Beispiel das Familienrecht, wo Eheverträge möglich sind, das Erbrecht, das stark dem österreichischen Erbrecht vor 2017 ähnelt und das Pflichtteilsrecht, das jedoch in einem Spannungsverhältnis zum Trustrecht steht, das im tschechischen Recht nunmehr ebenfalls enthalten ist. Am Ende wurden gesellschafts- und steuerrechtliche Fragen erörtert.
Den Abschluss der Vorträge bildete jener von RA Dr. Michaela Stessl, Country Managing Partner bei DLA Piper in der Slowakei. Dort erfolgte keine Rekodifikation des Privatrechts wie in der Tschechischen Republik und es gibt keine Trusts oder Stiftungen, was Nachteile für den Standort mit sich bringt. Auch ist die Privatautonomie im Familien- und Erbrecht weniger stark ausgeprägt. Das Pflichtteilsrecht ist als Noterbrecht ausgestaltet und die Pflichtteilsquote ist im europäischen Vergleich vergleichsweise hoch.
Die rechtsvergleichende Untersuchung wird noch mit ausführlicheren Landesberichten fortgesetzt.